Lyrik der 2010er Jahre

alle Texte: CC BY-NC-ND


Webe langsam

9. Mai 2019

Im vagen Leben webe langsam,

schlichte Unbehagen immerdar.

Bekenne, was Dir Träume hießen,

was für Dich von Wesen war.

 

Lerne Pflicht von Ehrgefühl

in Gefahr und Not zu scheiden.

Nutze Weitsicht als ein Werkzeug,

die Politik der Welt zu meiden.

 

Führe Unwissende in ein Reich,

das auch Dir gefallen mag.

Lehre streng Gelehrsamkeit.

Sey ein Vorbild jeden Tag.

 

So will verstehen,

der bereit sich nennt:

Wer in Frieden mag gedeihen,

Bescheidenheit bekennt.


Die Gottheit

7. Juli 2018

Hieße dieser Planet mir Eliab,

Eliabische Gottheit wär' dein Name.

Bestimmte mir die Furcht vor Segen,

entkommene Demut mich rastlos läßt.

 

Wo immer ich dein Erscheinen ahne,

und ist es nur ein Traum von dir,

unterwürfig ich mir gefalle,

von Ergebenheit benetzt.

 

Einem Gott zu frönen – wie leicht,

wenn er Jünger und Geschichte hat!

Zum Unterschied, verehrte Gottheit,

es dir an Name und Bekanntheit fehlt.

 

Nie vergessen, da unbekannt,

du dich mir als einzigen offenbarst,

von Sinnen mir das Leben ward,

erdrückt, bewußt; im Tode frei.

 

Bewahre, was dich bestimmt,

wandle weiter unentdeckt, mit Menschenmaske.

Zeig' dich dem, der willens ist,

sein Leben mit dem Tod zu tauschen.

 

Sprich in Träumen immerdar,

maßregle die Vernunft.

Sey die Hoffnung der Sterbenden,

und die der jung Verliebten.

 

Und sey auch meine Hoffnung,

Urpunkt meines Glaubens.

Ich will vertrauen, was ich mich lehre,

auf daß es auch dir ein Vorbild sey.


Zeitmaschine

10. Mai 2018

Zurückversetzt mit dem Gedanken,

ich ging zur Schule und im Wesen jung,

was wollte ich mit Eifer zanken!,

ein Ungestüm der Erinnerung.

 

Und dort, im Trugbild meines Glücks,

ein mir besonderes Wesen wandelt –

ihr Anblick mich fürchtet wie entzückt,

es sich allein um die Eine handelt.

 

Von keinem Unterschied war meine Liebe,

sie zu verkennen eine Qual.

Im Sinn der Wahrheit mir verbliebe,

das kaum verstanden, im Herzen schal.

 

Sehnsucht bebt durch meine Tarnung,

leichtfertig scheint mein Auf­begehren:

Ist mir das Schmachten eine Warnung?

Wer sollte es mir denn verwehren?

 

Ich wag’ mich vor, um sie zu schauen,

eine Schönheit, die ich nie bemerkt.

Ihr Abbild brennt sich mir ins Auge,

und für immer sehe ich das Werk.

 

Ob sie mich je gesehen habe?,

frag’ ich ungeniert und mit Bedacht.

Daß ich mich an ihrem Lächeln labe,

und ob sie wisse, was es mit mir macht.

 

Verlegen und mit Mut gibt sie mir an,

mein Schmeicheln ihr zu Ruhm gereiche,

doch, an was sie kennt bemessen,

sie ein Gefühl von Trug beschleiche.

 

Ich sterbe, ehe sie zuende spricht,

benenne nun mein wahres Leiden –

daß sie mir Herz und Seele bricht,

sie auf Ewigkeit zu meiden.

 

Falsch fühlt es sich an, doch wahr erst recht:

mein Lieben mir dies nun bewies.

Es war mir wichtig, es tat mir schlecht,

zurück kehre ich in mein Verlies.


Im Kerzenlicht

10. April 2018

Abseits aller Wege bin ich vergessen,

lebe und bedürfe kaum.

Will mit Tapferkeit bemessen,

ob mein Dasein bloß ein Traum.

 

Ohne daß der Liebe Blick uns trenne,

mir alsbald ergeben scheint,

so ich unser Glück beim Namen nenne,

mein Stolz aus Unvermögen weint.

 

Und belebt mich denn nicht deine Nähe,

als sey ich nie als Mensch geboren?

Nun, da ich meiner Taten Sinn verstehe,

die Sinne selbst an dich verloren!

 

Nimm' nur, was du gütig hältst,

und lasse mir den freien Willen,

ich beuge, wenn es dir gefällt,

und weiß dir Trieb und Sucht zu stillen.

 

Von außerordentlicher Eleganz,

in Hingabe und Begehr' geeint,

von Tugendhaftigkeit befand,

was ich bejahe, du verneinst.


Geheimnis

31. Juli 2015

Gescholten und der Liebe fern,
sehe ich den Briefumschlag in meiner Hand.
Kenn' den Inhalt und hab' ihn gern,
sich niemals Wichtigeres an mir befand.

Tausendfache schöne Stunden
in Bild und Wort für alle Zeiten
sollen Heil und Weh bekunden,
und Verdrießlichkeiten mir bereiten.

Sodoch ich weiß, was er enthält,
den Umschlag nicht zu öffnen wage,
vergeht der Zauber doch, der mir gefällt,
den Verlust ich dafür kaum ertrage.

Ein Schatten bindet mich an Geschicke,
dem Leben fürchtig, der Hohheit bar,
ermahnt ich Vergangenem entgegenblicke,
der Hoffnung, der Gefahr.

Und schützt ein Bildnis an der Ecke,
im Fluge quält mich das Versagen:
Ich den Kummer tiefer in mir verstecke,
je weiter die Bilder aus dem Umschlag ragen.

Küß die Luft und bete in die Leere:
Halte Raum, mißtraue dem Verstand.
Gefalle, wer sich tot belehre,
geschlossene Augen, am Brief die Hand.


Die dritte Sicht

30. Juli 2015

Im Einverständnis meiner Seele,
so fern und wahllos in mir drin,
ich ungeahnt und treu befehle,
was ich wäre; was ich bin.

So sehe ich der Menschen Liebe
in beschämend-lächerlicher Weise,
wie gern ich deren Schmach vertriebe,
und mich fremd erkennend heiße.

Auch tot und leer kann ich beschauen,
das gleiche, mich verletzende Motiv.
Und mag behende mir erbauen,
das ich zu fürchten zu mir rief.

Aus dritter Sicht jedoch
sey der Liebe Ehre ausgesprochen,
zu beachten und ergeben noch,
was unverhofft uns angebrochen:
Verzeih', was töricht und benebelt sagte,
wer bleibt, um würdig sich zu zeigen:
Dem Unmut Mut zu lehren wagte,
der Liebe sich doch zuzuneigen.

Lebenskraft verrinnt mir zuweilen,
weil unbedacht die Zeit vertut,
das Schicksal brauchbar zweizuteilen,
das eine stirbt, das andere ruht.


Über mich

10. Juni 2015

Beseelt, vertraut,
entehrt, gestaut,
begehrt, erlaucht,
gewollt, gebraucht.

So ließe sich in Kürze zusammenfassen,
was mir im Leben widerfahren,
den Stolz bewußt zurückzulassen,
um zu sein, was sie einst waren:

Mich treibt Ungehorsam schwer dahin,
wogegen sich die Ängste richten,
daß ich vielleicht erlösend bin,
jedoch die Lösung selbst mitnichten.

Und geb' ich auf, und werd' wie sie:
die Wahrheit sich bedächtig neigt,
erreiche ich im Tode nie,
was mir im Traume aufgezeigt.


In Wandelbarkeit

16. Mai 2015

Die Erinnerung, sie reißt mich nieder
und hellen Lauts erreicht mich dann
der Widerspruch, er käme wieder,
daß ich bewußt vergessen kann.

Abgöttisch bedürfe ich dem Wahren,
halte Lob für Tadellei,
mußte dabei arg erfahren:
Wenn ich beginne, so geht's vorbei!

An Edlem sehe ich mich schätzen,
nur fürbringt mich im Fall herauf,
von Ungewißheit loszuhetzen,
ins Verderbliche hinzu ich lauf.

Beim Wege mir vorweggenommen
– bestelle ich der Leben Lohn –,
am letzten Tage wollt' ich kommen
von heraufgezeigter Buße schon.

Und immer, wann ich um Gnade bete,
bemerkt in Eifer mein Verstand:
Wogegen ich in Überzeugung trete,
desselben ich zuviel befand.


Der Verlust

18. März 2015

Mahnend stehe ich vor einem Spiegel,
der Finger zeigt auf Unbedarf.
Er nennt mir ein-zwei Gedanken,
die ich schon hörte, bald verwarf.

Sie schelten mich »den Ruhelosen«,
der erst bekennt, wenn alles stirbt.
Ich gestehe diese Schuld mir ein,
so ich es bin, der sie verdirbt!

Vergangenheit ist mir noch Gestern,
und greif' nach ihr in leeren Raum.
Ich habe nichts; werde niemals haben,
Besessenheit war nur ein Traum.

Die Hand geknickt, einer Kralle gleich,
begehre ich mich selbst zu fassen.
Aus dem Lauf der Zeit herauszuziehen,
den vorbestimmten Weg zu verlassen.

Unfähig dem Sinken abzuhelfen,
sehe ich traurig und entwürdigt nunmehr
dem gesunkenen Schiff zum Grunde nach,
meinem Leben, meinen Chancen hinterher.

Es eilt die Regel, es mag verstehen,
wann immer mir das Ziel entrissen:
Es führt zu Selbstsucht, gleicht dem Wahnsinn,
und läßt mich Mut und Stolz vermissen.


Menschen und Bäume

1. Oktober 2014

Menschen sollten ganz wie Bäume sein,
erhaben und doch nur Teil der Welt,
in ihren Wurzeln mit allem eins,
dort gewachsen, wo es gefällt.

Doch in einem zeigt der Baum sich überlegen:
das ist das Miteinander seiner Art:
in Geduld und ohne Drang zu regen
in Frieden um ihn herum verharrt.

Und fehlt dem Baume auch an Stolz,
was Menschen nur zu oft ergreift:
So steckt das Wesen in seinem festen Holz,
und ohne Eifer oder Ziel gereift.

Am wichtigsten aber scheint mir zu sagen,
daß Bäume einander nie sich messen:
Was dem Größten gereicht zu ertragen,
wird dem Kleinsten nie vergessen.

Und Eifersicht mischt sich ins Laub,
vergeht mit winterlichem Glanz:
Verträglich und an Widersinn beraubt,
entspricht dem Ideale ganz.

Zuletzt, da bleibt der Mensch vereint,
wird niemals wie ein Baum sich mühen:
Ihm voraus und überlegen meint,
wird doch vor dem letzten Gehölz auf Erden
in Verdrießlichkeit verblühen.


Alte Schule

5. August 2014

Mit schaden Augen, mit satten Augen,
so selten sie mich auch erkennt,
immerschon begehre ich zu wissen,
was sie Schmerz und Liebe nennt.

Solange ich an Freunde denke,
weiß ich klar um ihr Gemüt,
das erst, seitdem sie lieben kann,
für kurze Zeiten hell erblüht:

Und sehe ich mich nicht gerne
inmitten eines Blumenmeer?
Wenn sie die Blume, ich Betrachter
oder besser noch – ihr Liebstes wär'?

So ward ich einstmals eingehüllt,
betört von Duft und Jugendsinnen;
wünsche heute, was sie einst blühen ließe,
sollt' die Blüte nur von vorn beginnen.

Der Umriß scharf, die Farbe echt,
Geruch und Wesen eingeprägt:
Die Suche weilt, ich atme fort,
die Hoffnung darauf abgelegt.
Denn du warst mir die erste Blume,
als ich von Pflanzen noch nichts verstand':
So bist du mir auch die letzte Blume,
von der Sehnsucht mir bekannt.


Mäßigung

14. April 2014

Nun trete ich den Pfad der Unvernunft,
und bar dem Weg ich bald verrecke,
erkenne stolz das Leben hinter mir
und die Mühseligkeit zu diesem Zwecke.

Verräter nennt mich mein Gewissen,
und schallt mir unwahr beider Ohren,
da ich so voller Tatendrang gelebt
und doch nur nackt und arm geboren.

So scheint es Wahnsinn fortzufahren
mit jenem friedevollem Geben,
das mich unlängst knechten wollte
und zu Unterjoch verweben.

Das alles also nennt sich »Menschenleben«,
und ist doch nichts als Sand im Meer:
Vergessen, vermischt unter seinesgleichen,
verkommen und an Hoffnung leer.

Was sind die letzten Worte unserer Art?
Woher stammt die uns zugesprochene Ehre?
Was ist mir Dasein, euch Verfall,
wenn ich Philosoph, und nicht Dichter wäre?


Bittgesuch um Gnade

6. März 2014

Lebe stolze Himmelsgabe,
fern von allem bösgemeinten Tun,
weiß und gerne von ihrer Habe
in ihrem versteckten Horte ruhn'.

Vermag ich kaum zu konzentrieren
den Leidensfluß der neuen Welt,
bin ich bedacht mich zu verlieren,
die Zuversicht mich einbehält.

Verkomme bald in echten Sorgen,
Bestehen oder mich verletzen.
Ist es Bangen an jedem neuen Morgen,
mich dem Wohlstand bewußt zu widersetzen.

So sage mir, mein treues Bittgesuch,
das ich zu wissen aufbegehre:
Ist Wahnsinn mir Gabe oder Fluch,
dem ich mich stelle oder ganz verwehre?


Siehe meinen Wunsch

17. Dezember 2013

Siehe meinen Wunsch.

Verstehe, was mich antreibt, was ich begehre.
Was ich achte, was mir imponiert.
Warum sich Argwohn beflissen in mir vermehre
und hervorzuschauen ziert.

Heile meine dunklen Tage,
versehe sie mit Stolz und Mut.
Erfahre, was ich so sehr beklage
und mißfallend vergrämen tut.

Sey wie ich; sieh' durch meine Sinne.
Verstecke in Begehrlichkeit,
was tadelnd nun auch ich beginne,
und sprich aus mir: es tät' dir leid.

Folge dem Kummer langer Stunden,
bis hin du den ehrlichsten Wunsch in mir erfäßt.
Seine Sehnsucht wird auch dich verwunden,
wenn du dich willenlos betören läßt.

Was mir die Augen von der Welt zu zeigen glauben,
das ist dem Finder des Baumes fortgewehtes Blatt.
Und so sehr mir Ängste mein Vertrauen rauben,
die Nachwelt für mich längst angebrochen hat.

Siehe meinen Wunsch.


Selbstbildnis eines Schriftstellers

7. Dezember 2013

An einem tristen Winterabend
schaue ich erbost gen Horizont.
Ich blicke in meine eigene Zukunft,
hab' nie Besseres gekonnt':

Was edel ist, wird wertlos sein,
im Schatten stehen meine Träume.
So sehr ich unter Gewohnheit leide,
umso mehr ich mein Verkennen säume.

Das ruhelose Band fliegt an die Grenzen
dessen ich es sehen kann.
Die Hoffnung reißt mich,
verfügt knie ich darnieder,
und hebe mein Erwarten an.

Was für mich dereinst geschaffen,
habe ich mir selbst erdacht.
Im Konsens mit der weiten, trögen Stille
ein neuer Geist in mir erwacht.

Nun ringen wir, dem Ziele fern,
mit gleichem Recht und gleicher Kraft,
bis des einen Lebenszeit dem Ende naht,
oder der andere aufzehrt, was der erste ihm erschafft.


Während eine Seele geht

20. November 2013

… die Übermacht an Unvernunft
die Eile weitertreibt und weiterhetzt,
den Sterbenden nur mehr verletzt.

Im Momente seines letzten Atemzugs
das unwissende Volk der Gafferschaft
nur sich bedenkt, den Tod nicht sieht,
bloß sich bewegt aus eigener Kraft.

Verloren wie ein Blatt im Herbst
der Leidende wie auch der Betrachter ist.
Für ihn ein Warten aus Unverständlichkeit,
für den Sterbenden die letzte Frist.

Und ahnt er nun den Weg vor sich,
die Herrlichkeit der scheidenden Lebensmuße
um seinen erkaltenden Nasenflügel weht,
so auch der Wartende, der Gaffende,
in seinem unbedeutenden Wege weitergeht.


Am Strand

2. November 2013

An betörend seichter Brandungsküste
ein Menschlein wandelt, der Herr der Welt.
In gedankenlosem Mienenspiel 

auf alle anderen Geister wirkend,
das Geheimnis um den Sinn des Daseins ganz für sich behält.

Schreitet sie, der Gott am Strand, mit zweifelsfreiem Fuß
entlang am Ufer und alles vor ihr unterwirft:
Gedenkt nicht, uns zu beherrschen denn zu glauben
an jene Liebe, die sie und mich bedürft'.

Ich allein verstehe ihre Kogitation vom unbeschwerten Sein.
Folge ihr, weil ich es will, nicht es muß.
Am Tag die Sehnsucht, des Nachts das Träumen,
und zwischendrin mir bitterer Verdruß.

So geht sie immer fort am brandend' Wasser,
das unhaltbar wie ich in mir.
Sieht die Welt mit ihren Augen, vermag zu trösten,
was ich im Moment ihres Blickes
an Unbetroffenheit verlier'.

Nun geht sie fort, ich seh' ihr nach;
erkenne sie als den auf Erden einzigen bekannten Wert.
Ich träume weiter – am Strand im Raum der Einen,
daß ein verblendetes Versagen mir widerfährt.


Sey mein Name

26. September 2013

Sey wie mein Name:
gehöre zu mir und identifiziere mich.

Laß mich dich in Demut und Gewohnheit
in meine Schriften einfließen.

Laß mich bei dessen Ruf aufmerksam werden,
wie ich es bin, sogleich ich dich sehe.

Laß ihn Teil meiner Nachkommen werden,
so wie ich mir wünsche, daß du Teil von ihnen bist.

Laß meinen Namen das erste sein,
das ich im Leben schreiben konnte;
so wie du das erste warst, das mir Leben gab.

Und laß meinen Namen das letzte sein,
das man mir im Tode zuruft;
so wie ich wollte, daß du ihn rufst.

Laß meinen Namen einzigartig sein,
so wie auch du nicht zweimal bist.

Laß mich durch ihn erkennen, wer ich bin;
so wie ich mich selbst durch dich erkenne.

Laß die Leute in guten Gedanken
an meinen Namen erinnern;
so wie ich mich auf das verbliebene Gute der Welt
und die Allheiligkeit in dir besinne.

Laß meinen Namen so viel mehr sein
als die bloßen Buchstaben;
so wie auch du mehr bist als ein bloßer Mensch.

Laß meinen Namen in deinen Träumen erscheinen,
wie auch du Teil meines Nachtwegs bist.

Laß meinen Namen Teil deines Tagebuchs sein,
so wie du ein Teil von meinem bist.

Laß meinen Namen das einzige sein, das mir bleibt,
wenn mir alles genommen wird;
so wie auch du bis zuletzt an meiner Seite stehen wirst.

Laß es deinen Finger sein,
der den Klingelknopf neben meinem Namen drückt.
Und wenn wir uns dann gegenüberstehen –
so sprich aus meinen Namen:

Und ich gehöre dir.


Die Warnung

31. August 2013

Wie fiel ich doch von schwerem Mute
in je erwartete Lethargie.
Fühle, daß mein Geist verblute,
erreiche nur das Ende nie.

Gehemmt an körperlichem Wohlbefinden
erstarkt in mir das Gesinnen,
mich von allem Drange fortzuwinden,
ein neues Dasein zu beginnen.

Ich wünschte mir mein einstiges Gewissen,
daß es mein Begehren spürt.
Bin vom Leben hin- und hergerissen
und von klaren Regeln längst verführt.

Doch sehe man jene Regeln nicht zu strikt;
allein Instinkt ermöglicht rechte Taten,
sofern man nicht bestechlich blickt
und in die Wirtschaftsmühle eingeraten.

Gebäre doch ein jeder aus den Resten seiner Ehre
das Gelübde, er würde nicht zum Gram sich zwängen,
daß er allein der Geschwundene wäre,
und alles Wohl an ihm alleine hängen!

Darum warne ich die mir folgenden, geplagten Seelen,
nur ihren Eifer statt ihr eines Herz zu hetzen?
Der Obrigkeit stattdessen zu befehlen;
sich dem noch so kleinstem Unterwurf
ganz gewissenlos zu widersetzen.


Verneigend und mit ernstem Blick

27. August 2013

Wer groß sich nennt und größer brüstet,
meist weniger vereint als man erahnt.
Gerechtigkeit versäumt, nach Habsucht lüstet,
wer weder mündigt noch ermahnt.

Verblendung stiert mit forscher Kappe
einem Gesicht aus Neid hervor.
Achtung dem, der ihn ertappe,
beleide und bekehre nur.

Im Angesicht verlernter Taten
sey uns dem Stolz stattdessen
zu gemeinsamer Vernunft geraten,
die Mutter uns zu Füßen zu erretten.

Was Nähe ist und nah sich findet,
heißt uns erhellter Unverstand.
So sey es der Natur die Ehre, die uns verbindet
und ihr stilles Leiden anerkannt.

Gebannt verneige ich mich allen Wesen,
deren Einsicht dazu führt,
daß böses Treiben ausgelesen
und an Befangenheit verliert.

Denn so finster uns die Tage scheinen,
so wird die Dunkelheit ersehen,
wie uns Mut und lose Taten einen,
der falschen Welt zu widerstehen.


Zu Ehren Chaladuns

14. August 2013

Den ich als Beobachter sehe,
und der uns im Blick behält.
Der mehr noch als über alles Leben
die Kontrolle über All und Welt.

Der im Sinne eines skrupellosen Forschers
die Zeit vernetzt und sie sich formt.
Der seinem Forscherdrang zugunsten
die Universalkonstanten für uns normt.

Der das Universum als Laborversuch
und nicht minder reaktiv befindet.
Der sich zu unserer Unlast und vergolten
aus Neugier wie ein Kinde windet.

Was tun die unnahbaren Wesen
pro ausgewählte Galaxie?
Erstreckt sich ihre Zivilisation über Sterne?
Oder verläßt sie ihre Heimat nie?
Wie empfindlich wirken einzelne Geschicke,
wenn ich sie aus den Menschen selbst
und dann aus der Ferne überblicke?

So sehr wir uns zu Autonomie befleißen,
so liegt doch alle Macht bei ihm:
Je mehr wir uns wegen Nichts bekriegen,
desto schwerer können wir uns ihm entziehen.

So bleibt nur, Chaladun zu vertrauen,
daß er nicht an einem unverhofften Tag
aus spontan erfrischtem Wissensdurst
die menschliche Dummheit auszutilgen mag.


Am alten Platz

14. Juli 2013

Sitz' ich nun am rechten Fleck,
ihr ehrenwertes Lächeln aufzunehmen;
mit hoffenden Gedanken aufzufüllen
und fern, mich aus Sehnsucht totzugrämen.

Die Luft ist trüb und dick genug,
das verschwommene Bild erscheint mir vertraut.
An diese eine Gelegenheit
mitnichten und doch ihr ganz geglaubt.

Schwärme ich im kindlichen Gemüt,
naiv und blind wie ein Verliebter tut,
gereichen mir Ausdauer, Elan und Not,
jedoch bei weitem nicht der Mut.

Aufs Neue sehe ich ihr zu,
mein Geist beirrt, ihr nah zu sein.
Ich wäge mich in Wissen und Gefallen,
und fiele mir nichts anderes ein.

So strikt mein Zielen,
der Vorsatz meiner Einigkeit.
Und ist sie willig, mich anzuschauen,
bin ich zum Sterben gern bereit.

So bleibt mir nur ein gespaltenes Leben,
das weder empfohlen wird, noch Neider auf sich zieht.
Ich sehe einem Weg entgegen, der so betrauernd ist,
daß ich ihn wähle, wo ein anderer entflieht.


An dich gebunden

1. Juli 2013

Dem mich umgebenden Nebel nachgesehen,
verstehe ich alsbald den Grund zu verzeihen.
Noch immer Reste meiner Liebe tief verborgen,
sie wert, beim Namen auszuschreien,
möchte ich in Frieden träumen,
den Weg eines Befreiten erleichtert gehen.
Im Wohlstand und abgelegter Erinnerung,
nicht um mich, sondern nur nach vorne sehen.

Wie kann ich mich nur sicher wähnen,
daß jeder Gedanke an dich vergessen ist?
Wenn du doch mit deinem Dasein und Bedeutung
der Ursprung meines Fantasie-erfüllten Lebens bist?
… Wenn Argwohn aus mir ausgewischt,
und die Gärung meiner Sehnsucht eingesetzt?
… Wenn du mir das eine Wesen bist,
das mir Hoffnung ist und Mut zuletzt?

Mit trübem Auge sehe ich den schwarzen Abgrund
und mein Fallen ihn ertragen heißt.
Dessen unerreichte Tiefe mir ein Leiden,
und doch zum Treueschwur gereicht.
Habe ich Gelegenheit, die Schritte nur zurückzugehen,
und zum Zeitpunkt jenes Traumes neu zu wählen;
ich hätte fraglos und im Verstoße meiner Ehre
genau die gleiche Geschichte zu erzählen.


Individuen

29. Juni 2013

Starre ich in tausend leere Seelen,
die bewußt durch die Fülle mancher Orte schweben
und fernab von jedem Ziele
mir selbst einen Grund zum Zweifeln geben.

Sind unter diesen hohlen Fratzen
wirklich Geister, so wie ich mich sehe?
Führen komplexe Leben, sinnen nach Gerechtigkeit?
An Ehrgeiz reich, ihren Weg zu finden?
Dem Dasein zu entsprechen,
wie auch ich nach Gleichem strebe?

Wieso vermögen diese Unbekannten
in mir zu fruchten diese eine Frage?
Mich im Vergleich und um des Vergleichens willen
neu und ungeschönt zu bewerten wage?

Gereichen nicht mein Intellekt oder Arroganz
den Widerspruch im Keim noch zu ersticken?
Wie gerne würde ich stattdessen
der akzeptierenden und Einsamkeit entkommenden
Zuversicht mit einem Lächeln hinübernicken!


Ein halbes Jahr

28. Februar 2013

Erscheint in Grau an jedem Morgen,
pfeift die Erinnerung in mir hervor:
Wie lange es doch her ist, seit ich sah
des Wandels Wesen im Geiste nur.

Verstünde ich doch nur diese eine Entbehrung,
die mich dürsten und mich brechen läßt:
der geheime Plan mich zu Demut führt
oder belohnen wird mit großem Recht?

Entsteige ich der Tiefe meines Kummers,
was erwartet mich am Kraterrand?
Das Licht der Liebe mich erneut erwärmt
oder Leere am Horizont erkannt?

Wollte ich nur in die Zukunft schauen:
Was sähe ich in jener Weite?
Die Aufgabe meines Tagewerkes
und mich aufs Sterben vorbereite?

Ich wollte nicht, daß es so käme,
wünsche ein Leben voller Taten:
Kann belehren, kann mich bilden,
mich mit gleichem Volk beraten;
stärke mich um lang zu schlafen;
bekenne, damit ich nicht entehre
und mich damit trotz Verschuldung
in Vergessenheit verliere.

So siehe, heiliges Wesen meines Glücks,
daß ein Taler ohne Gläubigen gar nichts ist.
Daß du – diesem Beispiel folgend –
meine größte Sucht von allen bist.


Die Erinnerung

22. März 2012

Und so zeichnet sich ab,
was ich schon seit Wochen denke:
Warum ich beim Blick in den Spiegel
beschämt mein Antlitz senke.

Warum ich außer mir vor Zorn
ziellos in den Tag renne;
und nicht den Grund für mein
hilfloses Versagen kenne:

Die Beobachtung, der Schmerz, die Autarkie –
eine Kette von unerlaubten, heidnischen Trieben!
Ohne Stolz verloren, entmündigt, versagt.
Und als lächerlicher Witz zurückgeblieben.

Doch wie lächerlich ist mein Dasein?
wenn nicht gar bedingungslos an sich?
Verlebe ich die letzten Tage?
Und habe ich denn meine Träume nicht?

Tot.


Porträt einer Göttin

4. März 2012

Wie nur faßt man jene Worte,
sie zu sinnen alleine Jahre nötig sind?
Und bei deren wohl umsorgter Andacht
mir ein Zweifel im Gehirn gerinnt?

Genießt eine Göttin das Privileg,
sich in ihrer Heiligkeit allein zu wissen?
Ist sie trotz ihres Mutes, ihrer Schönheit
(sie zu verbergen so beflissen)
nicht rechtens, sich einen Mann zu suchen?
Einen Mann, der treu an ihrer Seite lebt?
Der sie fürchtet und sie verehrt,
und erst in den Stand einer Göttin hebt?

Nun, dieser Mann bin ich.
Doch geht es hier nicht um meine Ziele:
Umringt von meiner Achtsamkeit
(deren Dasein ihr umso mehr gefiele,
je näher ich mein Wünschen bringe,
sie zu lieben, sie zu wehren)
behüte ich den Drang von Fremden,
sie ohne ihr Zutun zu verehren.

So bekommt das Leben durchaus einen Sinn:
Eine Göttin, die ihresgleichen sucht.
Und ich, ein menschlicher Behüter,
durch meine Liebe auf Ewigkeit verflucht.


Die Erkenntnis

4. November 2011

Anders als bei anderen Menschen
neigt dein wundervolles Wesen
nicht zu Habgier oder Stolz;
eher verliebt und höchst belesen!
lieblich und mit Träumen gut vertraut,
im Grunde einer Göttin gleich,
erhalte ich täglich durch dich Stärke und

Hin und wieder einen Traum zum Beweis.
als käme mir dein Name in den Sinn,
sich in mir die Sinne drehen.
lebe ich doch unsterblich ohnehin,
bis mir die Erinnerungen an dich vergehen!
ein Liebender allein kann wissen, wie
chancenlos meine Not auch ist:
kann ich dich nur noch mehr vermissen.


Du für mich

27. Oktober 2011

Was bist du mir? Ich will's dir nennen,
will mich zu Hingabe und dazu bekennen,
dich mehr zu lieben, als meinen Sinnen möglich ist.
Du für mich das Leben bist.

So beschenkst du mich mit Träumen,
die mein ausgeleertes Dasein säumen.
Gibst mir die Kraft einzusehen,
nicht grundlos Selbstmord zu begehen.

Doch auch die Angst vorm Tod ist mir genommen,
Gefahren begegnen mir verschwommen;
solange mir dein Bild vor Augen,
kann ich allem trotzen und alles glauben.

So weiß ich mich stets im Schutze
vor wilden Gedanken, die mich beengen, die ich benutze.
Kann mit Stolz im Herzen sagen,
daß mir Wahn und Ehrfurcht nahe beieinanderlagen.

Doch zuletzt die Eine zählt,
die ich zur Geliebten hab' gewählt:
Du mir Richtigkeit beweist,
wenn es Lüge und Verderben heißt.

Wohin aber – führen all die schönen Worte,
mit denen ich dich stets umgebe?
Ist es ein Weg, mich ehrlicher zu fühlen,
oder ein Geständnis, das ich erwäge?

Verstehen kannst du meine Träume nicht,
vielleicht nicht einmal mein inniges Begehren.
Tod mir, solltest du mir im Gespräche
dein Gehör und mir das Wort verwehren.


Das Treffen

17. Oktober 2011

»Im Versehen!«, schaue ich bedrückt hernieder,
gebe leidig mein Bedauern wieder.
Hoffe aber im versteckten Reiz,
daß sie diesen Stoß zu ehren weiß.

Heuchelnd reib' ich mir den Kopf,
eifrig' kämmt sie ihren Zopf.
Im Grunde aber hat uns dieses Aufeinanderprallen
ungewöhnlich gut gefallen!

Dem einen vielleicht nur die Berührung,
– die intensivste und persönlichste Verführung!
Dem anderen die Möglichkeit zu verzeihen
und in Wahrheit Implirenz zu weihen.

Schütterlich, ungehalten, im kargen Sinn;
ich der Zufall, Wahl des Einen bin.
Kaum einander vorgestellt,
das Unglück auf sie beide fällt.
Denn erwacht dem angenehmen Traum,
sehen sich beide im eigenen Raum.
Zu wissen, einander nie begegnet zu sein,
strebt den einen an; bleibt der andere allein.


Die Seele

28. September 2011

Wo stehe ich, wenn ich dich liebe
und mir aus sorgenvollem Wissen
allein die Fähigkeit verbliebe,
dich in schmerzenden Gedanken zu vermissen?

So träum' ich selten dein Gesicht,
es mag mir ehrlich widerfahren,
doch habe ich die Tapferkeit nicht,
dir diese Wahrheit aufzubahren.

Ich habe Sterne am nächtlichen Firmament gesehen,
den winzigen Fünkchen inmitten von Schwarz sah ich zu:
Sie alle wollten für mich zu Vergessenheit verwehen,
und waren doch weniger rätselhaft als du!

Ein Schatten, der es doch besser beschreibt,
bist du für mich in meinem ganzen Leben.
So ist es unbändige Sehnsucht, die mich treibt,
mich stets erneut in deine Nähe zu begeben.

Und während ich mit Erstaunen das ergründe,
das mir aus der Ferne verborgen ist,
so ist es Befriedigung und Ehrgefühl, das ich empfinde,
da du für mich die Stärke und das Leben bist.

Und ich frage mich in sorgenvollem Blick,
woher dein Wesen kam, wohin es wandeln wird.
Was nur zwingt dich auf den Weg zurück,
den du gehst? –
Obwohl dein liebenswertes Dasein nicht in diese Welt gehört!

Mit Erschaudern und Entsetzen knie ich vor dir, Geliebte,
kenne nicht den ganzen Segen.
Möchte nur von dir beachtet werden, Geliebte,
wünschte, du würdest deine Blicke auf mich legen,
und gleich so empfinden, wie ich dich preise,
(wage kaum über dieses Glück nachzudenken!)
daß deine Beachtung Seligkeit verheiße,
mich mit deiner Güte zu beschenken.

So höre meine stillen Worte
– Schreien möchte ich's nicht nennen –,
daß ich in mir Erwarten horte,
mich der Liebe zu dir zu bekennen.

Noch ist's so weit in keiner Weise,
auf beiden Seiten fehlt Gelegenheit.
So spreche ich auch im Fortgang leise:
Mir heilig sey mir jede Zeit,
die dich umfaßt, dich besieht und dich umgarnt.
Mich zum Träumen zu bewegen fähig ist,
vor Abscheu und kummervollem Denken warnt,
mein Beisein und Gehör vergißt.

Ich bitte demütig beide Götter,
die um mich sind, mein Geschick bewachen,
sie mögen nicht sein die einzigen Spötter,
mich wegen fehlendem Erfolge zu verlachen.
Denn sicher ist – für mich das Einzige, das wahr,
mein Streben nach Beständigkeit.
Und das zu verehren, das mir täglich
den Willen nicht zu Sterben neu verleiht.

Und im wendevollem Schluß dieser Zeilen,
gedenke ich der nahen Stunden,
im Traume kann ich bei dir verweilen,
diesen einen Weg zu dir gefunden.


Eitel

25. August 2011

Da stand ein Mann mit forschen Worten,
wußte kaum noch Stolz zu horten;
eigensinnig und arrogant
war er auf der ganzen Welt bekannt.

Sein Lebenswerk – ein Totenschmaus,
die schwarze Seele ein tiefer Graus;
Verachtung und verbittertes Wesen
mochten in ihm gut genesen!

Wie häufig zeigten ihm der Menschheit Leiden,
was er gekonnt gewußt gehabt zu meiden:
Spöttisch und mit Infamie
passierte ihm selbst doch so was nie!

Und ging sein erbarmungsloser Tag vorüber,
war ihm nichts als Ruhe lieber –
nachzudenken und das Denken zu bereuen,
sich am Leidweg der Nachtwandelnden zu erfreuen.

Und im Traum der finsteren Nacht,
wenn schelmisch der Sturm gegen die Fenster lacht,
kommt ihm der Traum, wie es anders sey:
wenn ihm nicht die Menschheit einerlei.
Gefürchtet von dieser Fantasie
schreckt er auf und wettert gegen sie:
»Mein Geist getränkt in solchen Mist? –
Wie gut, daß es nur ein Traum gewesen ist!«

Glücklich und von allem Leiden frei,
widmet er sich morgendlicher Keiferei:
beschimpft der Arbeitenden Wegsamkeit,
belächelt ihrer Leben Nutzlosigkeit.

Doch plötzlich kommt dem Eitlen in den Sinn:
»Wer bin ich, wenn ich nicht eitel bin?
Was nur bliebe von mir über,
zöge nicht mein Spott über alle Leut' herüber?!«

Im Besinnen stellt er fest,
daß der Lebensgang und dessen Zweck,
nie aus sich selbst heraus entstehen wird,
solange man nur auf seine Stimme –
– und auch die seiner Eitelkeit hört.


Aus Freude an Gedanken

23. Juli 2011

Den Sinn vergessen, den Sinn verstanden,
was ist der wahre Unterschied?
Von jedermanns Rat gelangweilt,
zu nah zum Bleiben; eitel, wenn man vor ihm flieht?

Verloren in Gedankenwüsten
wartet man auf einen mitreißenden Strom:
Zuletzt – ganz im Sinne seines Zweifels –
kommt die Lösung mit der Erfahrung schon!

So denkt man. So denkt jeder Dichter!
Und dann verliebt man sich ganz neu.
Man glaubt zu wissen, wen man kennt
und wem man inständig vertrauen soll …

Jedoch treibt das Spiel der ungezügelten
wildesten Gedankenpaare,
die Not der Sache zu vergessen
und loszulassen, bis man erfahre,
was einen kontrolliert.
Ein Trugschluß ohne Beispiel!
Denn so rätselhaft wie der Tod, so auch das Leben!
In einem Wort: an Gedankenwegen viel zu viel!


Der Garten

28. März 2011

Wer zählt die tadellosen Stunden,
der möchte nur zu gern bekunden,
was ihn im Herzen hell erfreut,
was er am ehesten bereut.
Und ist nicht jeder Garten wie der Mensch?
Wild und ungehalten innen drin?
Nur im Gesamtbild zu ertragen
und dem Willen nach geformt ganz ohne Sinn!?
Die Licht-durchfluteten Bereiche,
das hakige Gedorn,
das weiche Moos, der nasse Farn,
im brachen Wäldchen ganz verloren,
sprechen, was der Mensch sich denkt:
ein jedes Element zum Vergehen bestimmt:
was er an seine Erfahrung bindet,
es die Natur ihm wieder nimmt.


Mein Zweifel

12. August 2010

Ich habe Ehrfurcht vor dem Glück,
bin geneigt, mich zu verstehen,
habe weite Wege hinter mir,
die ich lief, ohne auch nur nach vorn zu sehen.
Und schaue ich zurück,
erstarre ich vor der Leere und ihrer Stille.
So wie mein Leben leer und einsam war,
so strebsam war es mein Wille!

Gleich einem vertriebenen König
– zu ehrbar für normales Leben –
ziehe ich immer weiter und werde
mich am Ende mir selbst ergeben:
Vor nichts fliehe ich,
zu nichts treibt es mich hin!
Wer nur – außer meinem eignen Zweifel –
kann mir sagen, wer ich wirklich bin?

Was ist ein Mensch ohne sein Gewissen,
und mit tot geglaubtem Spiegelbild?
Der zum Zwecke seiner groben Lüste,
seinen Geist mit Routine statt Erfahrung füllt?!

Wiegenlos und heimatlos –
so sehe ich mich an.
Und sollt' ich sterben, bevor ich Großes leiste,
hab' ich mein Leben nicht einmal vertan!
Viel mehr glaube ich, daß man mich
mit Erlösendem beschenkt,
sofern mein dunkler, aber freier Wille
auf die Liebe meines Lebens drängt.

So wie ich in die Zukunft schaue,
ist es eine Tat, die mich beschützt:
Sie schimpft sich Demut, bricht meinen Glauben,
mir aber als Sterbehilfe nützt.


Ansichtsweise

22. Mai 2010

Für dich sind es Schritte auf der Erde,
für mich, so unlieb ich verlegen werde:
die gezierten Tritte, stackend, und im Lächeln wandelnd –,
davon sollen diese Verse handeln.

Für dich der Sonnenschein im Gesicht,
mit meinen Augen (sie sagen's nicht!),
ein Kuß auf die Seite deines lieben Leben,
man möge mir den Stolz vergeben.

Was dir als Gesang eines Vogels klingt,
in Wahrheit vor Ehrgefühl um Atem ringt!
In Demut sich die Natur verneigt,
und – wie ich – dir ihre Liebe zeigt.

Was dir als geschriebenes Wort erscheint,
zum Tribut aus Eifer und Kunst entkeimt,
mir Werkzeug ist, Ehrenhaftes zu betreiben,
dein Dasein, dein Empfinden zu beschreiben.

Du schaust in den Spiegel und siehst nur dich.
Manchmal gesteh' ich's, manchmal nicht,
daß mir dein Anblick heilig wär',
die Berührung ein geträumter Traum, eine possenlose Mär!

Was dir Worte an einen Menschen seien,
will ich aus Eifersucht beschreien!
Denn nur der bezeichnet sich als zahm,
der ohne Würde ging, aber mit Gleichheit kam!

Wörter, die du zu mir sprichst,
bewegen dein Befinden nicht.
Doch Worte, die ich von dir erhalten,
können mir Kummer oder Tod bereiten.


Wunsch nach Liebe

25. Februar 2010

… Und sie sprach zu ihrem frommen Vater:
»Herr, laß mich nicht länger Liebe missen,
ich wünsche etwas über mich zu wissen:
Bin ich fähig, nur mich selbst zu lieben?
Oder werde ich zu jemandem hingetrieben?«

So zog das gefährlichste aller Wesen,
als wäre nie etwas anderes gewesen,
in die Welt, ihr Glück zu finden
und die Wahrheit wie einen Gürtel um sich zu binden.

Ich wünsche dieser Suchenden,
auch, wenn ihr Eifer manchmal wankt,
das Glück, die Zukunft, und das Wohl,
daß sie am Ende vielleicht zu mir gelangt!


Totgeburt

7. Februar 2010

Depressionen, Aggressionen,
Wut auf unerkannten Schmerz.
Lebe ferner, sterbe näher,
wisse, daß kein loser Schmerz
dich geboren, dich erschuf.
Determinismus heißt der Weg.
So rate ich zu großer Abscheu,
die die Seele des Ganzen trägt.

Wie sinnlos scheint uns einzufallen,
wir hätten Macht und Kontrolle inne!
Ich möchte wissen, wer sich aufstellt,
falls ich tatsächlich einen Krieg beginne!
Empor strecke ich meine Hand,
niederknie ich, da ich verloren.
Doch tu' ich dies, weil ich tot gelebt?
Oder doch, weil ich schon damals tot geboren?