Neben der generellen Verwendung eines GNU/Linux-Betriebssystems auf seinem privaten Computer gibt es eine ganze Reihe an Möglichkeiten, um der weiteren Ausbreitung unfreier Software/Formate
entgegenzuwirken oder aktiv zu boykottieren.
Hier also einige meiner Tipps, wie jeder Mensch persönlich dazu beitragen kann, dass sich proprietäre Software und Formate nicht weiter ausbreiten und gleichzeitig der scheinbar eindringliche
Gedanke geschwächt wird, Formate wie das von M$ Word seien als Standard zu betrachten.
- Auf Bewerbungsschreiben im Abschnitt »IT-Kenntnisse« statt »Windows« und »Microsoft Office« besser zuerst »GNU/Linux« (wer damit vertraut ist) und einige freie Software-Beispiele wie
»LibreOffice« auflisten. Erst hinterher die proprietäre Software nennen. Auf diese Weise kann den Arbeitgebern erstens gezeigt werden, dass es auch noch was anderes als die marktbeherrschenden
Programme gibt, und zweitens wird die Überlegenheit freier Software und Formate demonstriert.
- In empfangenen E-Mails Anhänge mit proprietären Formaten ablehnen. Das bedeutet, dass man E-Mails, die als Anhang eine »Word«-Datei oder ein »PowerPoint«-Dokument enthalten, mit einer
Nachricht zurückschickt und dabei beschreibt, dass man nicht bereit ist, derartige Dateien zu öffnen. Mit Verbreitung dieser Dateien würde man – so in der Beschreibung weiter – zu einem Standbein
der großen Konzerne wie Microsoft werden. Daneben werden sicherheitsbedenkliche Aspekte bei Verwendung dieser Formate genannt. Das Prinzip selbst, also die Verweigerung der Annahme proprietärer
Formate in E-Mails, stammt von Richard Stallmann (siehe hier); auch meine »E-Mail-Verweigerungs-Antwort«
baut darauf auf und ich stelle am Ende des Abschnitts einen Download-Link mit meiner Vorlage zur Verfügung.
- Für kurze Texte nicht aus Gewohnheit zum M$ Word greifen, sondern überlegen, ob für den Text nicht Plain-Text (also gänzlich unformatierter Text, der mit einem Texteditor bearbeitet werden
kann) oder LibreOffice Writer ausreicht. Gleiches gilt für ein Tabellendokument und Präsentationen. Für alle diese Vorhaben bietet LibreOffice bestens Ersatz, allein für Intensiv-User kann Excel
einige Features mehr bieten als das LibreOffice-Pendant Calc. Allerdings wird letzteres ständig weiterentwickelt. Das wichtigste ist, sich stets seine eigene Meinung zu bilden und auch mal
Alternativen wie LibreOffice ausprobieren – das gilt auch für langjährige Microsoft-Office-Nutzer! Belächelnde Ausreden wie »…kann meine Dateien nicht öffnen« und »hat nicht so großen
Funktionsumfang wie dass ›echte‹ Office« zählen hier keinesfalls! Siehe auch meine Kolumne zu Freier Software, Abschnitt »Freie Software – reicht
die mir nicht?«.
- Zum Chatten statt proprietärer Formate nicht ICQ, Skype und andere nutzen, sondern durchweg Jabber, auch wenn das den Verlust bestimmter Kontakte nach sich zieht. Nicht du verhältst dich
ignorant, sondern alle nicht-Jabber-User fahrlässig! Warum z.B. ICQ statt Jabber verwendet werden sollte, steht hier. Viele
Skype-Nutzer beharren auf Skype, weil sie meinen, es gibt keine vernünftige Alternative einer Videochat-Software. Das stimmt keinesfalls. Mit seinem Jabber-Konto kann man eben nicht nur Text (bei
Bedarf verschlüsselt) versenden, sondern auch Video-Chat betreiben (z.B. über die Software Jitsi).
- Zum Suchen im Internet nicht – wegen Gewöhnung – Google verwenden, sondern Ixquick, Metager oder eine andere alternative Suchmaschine, die die IP-Adresse nicht speichert. Die Suchergebnisse sind wenigstens genauso gut.
- Um »mal schnell« einen Straßennamen rauszusuchen, nicht – wie eine Selbstverständlichkeit – GoogleMaps aufrufen, sondern OpenStreetMap und seine Varianten. Das Kartenmaterial ist zum Teil erheblich besser! Auch POIs wie Parkplätze, Hotels, Geldautomaten, Restaurants usw. sind hochdetailliert
und umfangreich eingetragen. Also eigentlich kein Grund mehr, GoogleMaps zu verwenden ;)
- Als Audio-Format auf seinem Privatrechner nicht .mp3, sondern .ogg-vorbis oder am besten gleich das unkomprimierte .flac nutzen. Ogg-Vorbis bietet nicht nur eine bessere Klangqualität bei
ähnlicher Dateigröße, sondern ist außerdem ein freies Format. Entsprechend sollte man möglichst nur Handys/Musikplayer kaufen, die auch das freie .ogg-vorbis-Format unterstützen und alle anderen
Endgeräte boykottieren. Alternativ könnte man darüber nachdenken, Songs seiner privaten Audio-CDs gleich als .flac zu rippen, um die volle (unbeschnittene) Klangqualität zu haben. Die Dateigröße
liegt dann zwar bei 20–30 MB, aber das ist bei heutigen Festplattengrößen ja kein Kriterium mehr ;)
- Wie im vorherigen Punkt eingeleitet, gilt die gleiche Philosophie für Computer-Hardware. Auch hier sollte man keine Produkte kaufen, für die es nicht auch freie Treiber, z.B. für GNU/Linux,
gibt. Gibt es z.B. für einen Drucker nur Windows-Treiber, unterstützt man gleichzeitig das M$-Monopol, weil es die Verwendung seines Betriebssystems voraussetzt!
Wie bereits häufiger in den Nachrichten berichtet wurde, stellen viele Gemeinden und Behörden in diversen Ländern auf freie Software um und trennen sich damit vom marktbeherrschenden Monopolismus
einer einzigen Firma. Das hat nicht nur etwas mit Stabilität der Systeme, sondern vor allem etwas mit Sicherheit zu tun. Es erscheint nachvollziehbar, dass eine Behörde, die mit vertraulichen
Daten hantiert, keine Software einsetzen sollte, die nicht vollständig überprüft werden kann – vor allem auf Hintertürchen. Nicht umsonst würde kein Geheimdienst der Welt ein Windows-System
benutzen.
Hinzu kommt die Kostenfrage. Vor allem für ärmere Länder, in denen die Lizenzkosten für eine Reihe von Computern in Schulen und öffentlichen Einrichtungen nur aufgebracht werden kann, bietet sich
die Verwendung eines kostenfreien GNU/Linux-Betriebssystems an.
Insbesondere Universitäten haben meiner Meinung nach die Pflicht, freier Software den Vorzug zu geben, ein Beispiel zu sein. Zum Wohle des Wissens.
- Einsatz in Schulen: Ich sehe ein, dass sich manche Behörden vor der Umstellung auf gänzlich freie Software und z.B. ein GNU/Linux-Betriebssystem scheuen, weil damit der gewohnte Workflow
unterbrochen werden würde. Aber gerade in Schulen – im Computerkurs – sollten zwingend und ausschließlich GNU/Linux-Betriebssysteme zum Einsatz kommen, um Kindern die Grundlagen der
Computernutzung zu vermitteln, bzw. der Umgang mit dem Internet und verschiedener Büro-Software. Ich finde es schade, dass alteingefahrene Windows-User ihr Wissen über diese machthungrige,
Freiheit-vergewaltigende, geschlossene Software (auch an eigene Kinder zu Hause!) weitergeben, bloß weil sie von GNU/Linux nichts halten und es als ein »Frickelsystem« von durchgeknallten, im
Keller hockenden, Pizza-fressenden Kids ansehen.
- Ebenfalls negativ aufgefallen ist mir, dass z.B. Teilnehmer-Vorlagen für Abstracts für wissenschaftliche Tagungen nur im »Word«-Format angeboten werden. Pfui, sage ich dazu, vor allem weil es
sich um eine der Wissenschaft dienende Versammlung handelt. Zumindest eine Alternative im OpenDocument-Format wäre angebracht. Und wenn der zuständige, auf Word-alteingefahrende Mensch eben noch
nie was von freien Formaten gehört hat, könnte man darüber nachdenken, ihn mal aufzuklären.
- Auch an Universitäten sollte man den Einsatz freier Formate vorantreiben. Ich denke hier an Dozenten, die ihre Vorlesungs-Präsentationen für ihre Studenten nicht im PowerPoint-Format zur
Verfügung stellen, sondern eben dem freien Pendant von LibreOffice. Eine Konvertierung dauert wenige Sekunden, oder man baut seine Präsentation sofort mit LibreOffice Impress auf – ich
verspreche, dass keine einzige Funktion aus M$ Office PowerPoint vermisst werden wird!
- Auf Universitäts-Webseiten werden häufig Formulare und Beispieldokumente für Anträge, Briefe oder Bestellungen bereitgestellt. Allerdings nicht selten im proprietären Word-Format. Öffne ich
diese »Formulare« z.B. mit dem Writer-Modul von LibreOffice, sind generell die auszufüllenden Felder verschoben, das Layout zerstört, das eigentliche Formular damit unbrauchbar. Abgesehen von der
typografisch sichtbar werdenden Laienhaftigkeit, Einrückungen mit Leerzeichen vorzunehmen und exotische Schriftarten einzubinden – weshalb wird nicht ein identisches Formular im freien
.odt-Format zur Verfügung gestellt? Oder das Formular gleich als PDF mit ausfüllbaren Feldern? Dieser Form der unverzeihlichen, leicht zu tilgenden Unprofessionalität begegne ich leider immer
wieder.
- An den Universitäten stattfindende Kurse über GIS-Systeme basieren meistens auf einer Handvoll Lizenzen für ESRI ArcGIS. Mit diesen werden dann die Studenten ausgebildet. Wie ich allerdings
aus eigener Erfahrung berichten kann und nunmehr von einer anderen Universität gehört habe, sind diese Lizenzen viel zu oft ausgereizt, sei es z.B. weil es nur 12 für den Fachbereich gibt, aber
generell die Hälfte davon von Mitarbeitern in Verwendung sind und die Studenten sich im GIS-Kurs infolgedessen teilweise zu Dritt um einen einzigen PC mit lauffähiger Lizenz drängen. Wohin führt
uns diese ESRI-Abhängigkeit und die daraus folgende Schweinetrog-Mentalität, bei der man sich wetteifernd um den besten Platz am PC streitet? Einzig und allein zur Verdummung aller, während sich
ESRI die Hände reibt. Ich sage: Nutzt freie GIS-Software, sei es nun QGIS oder eine andere! QGIS kann in beliebiger Anzahl auf den PCs des Computerpools installiert werden, ohne dass jemals
Kosten anfallen werden! QGIS ist darüber hinaus schon seit langem umfangreich genug, um alle Bereiche der GIS-Grundlagen abzudecken: Shapes-Bearbeitung, Interpolation, Datenbanken-Einbindung,
Abfragen, Druckvorstufe usw. Deshalb sei wiederholt: Unis – streicht das Lizenz-System und nutzt freie Software! Und lasst die anderen sehen, wie gut die Ausbildung eines Studenten werden kann!
Es gibt viele Möglichkeiten, mitzuhelfen! Es sind immer noch wir selbst, die diese Welt gestalten und frei machen können. Und nicht irgendwelche diffusen Mächte, die wir nicht verstehen!