Auf den historischen Hintergrund von Ligaturen wird an dieser Stelle nicht eingegangen; es sei auf Nachschlagewerke und typographische Fachbücher verwiesen. Auch das im Deutschen geläufige Eszett ist eine Ligatur (aus langem und kurzem Minuskel-s); auf das Eszett wird an anderer Stelle eingegangen.
Ligaturen sind, kurz gesagt, eine Verschmelzung eines Buchstabenpaars oder -drillings zu einer einzigen Glyphe. Ursprünglich wurden diese von Schriftgießern für den Bleisatz entwickelt, damit nicht zwei schmale, sensible (zerbrechliche) Buchstaben-Kegel (wie f oder i) nebeneinanderstehen müssen. Weiterhin waren im Bleisatz Buchstaben-Kombinationen problematisch, bei denen ein Buchstabe einen Überhang (langes Minuskel-s oder Minuskel-f) oder langen Fuß (kursives Minuskel-f oder -y) zeigte und damit unschön in den benachbarten Buchstaben hineingedruckt wurden. Bei Buchstaben mit Überhang (ſ ,f) galt das häufig für folgende Buchstaben mit Punkt (i) oder Trema (z.B. deutsche Umlaute: ä, ö, ü). Die Anordnung beider Buchstaben auf einem einzigen Kegel ermöglichte dagegen die Zeichnung einer einzelnen Glyphe, bei denen beispielsweise der Kopf vom Minuskel-f und dem I-Punkt des nachfolgenden Buchstabens harmonisch verbunden waren. Anstelle von zwei problematischen Kegeln konnte nun ein einzelner Kegel wie jeder andere Buchstaben-Kegel eingesetzt werden.
Nebenbei erhöhen Ligaturen durch die harmonische Verschmelzung zweier Buchstaben die Lesbarkeit.
Die im lateinischen Schriftsystem häufigen Buchstabenkombinationen aus f-i sowie f-l gelten als Standard-Ligaturen und sind in nahezu jeder modernen (digitalen) Antiqua-Schrift enthalten. Sie können meist bedenkenlos gesetzt werden; bei den meisten Textverarbeitungsprogrammen und auch TeX erfolgt dies automatisch.
Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Buchstabenkombinationen, denen allen die Aufgabe zufällt, eine unharmonische, da ineinanderlaufende Buchstabenfolge auszugleichen und lesbarer zu machen. Diese zusätzlichen Buchstabenkombinationen sind nur in gut ausgebauten (digitalen) Antiqua-Schriften enthalten und bereichern die typographischen Möglichkeiten:
Weiterhin, besonders für historische Texte interessant, gibt es Schmuckligaturen wie ct oder st, denen ein zierender Kringel aufgesetzt ist. In den Glyphentabellen heißen diese treffenderweise »historische Ligaturen« = hlig (Unicode-Gruppe). Sie sollten auch nicht bei jeder Gelegenheit eingesetzt werden, weil sie zu stark vom Lesefluß ablenken (in Überschriften angemessen), und haben auch nicht in jeder Sprache Sinn: Im Deutschen gibt es keine (nicht entlehnten) Wörter mit der Kombination c-t, dagegen sind sie im Englischen und Lateinischen häufig.
In serifenlosen-Schriften (Groteske) sind Ligaturen üblicherweise unnötig, da sie durch meist fehlende Buchstaben-Überlagerungen ohnehin nicht sichtbar wären.
In den Gebrochenen Schriften (Textur, Rundgotisch, Schwabacher, Fraktur und bastardoide Formen) werden viel mehr Ligaturen eingesetzt als in Antiqua-Texten. Neben fi und fl gelten ch, ck (auch sch) und tz als sog. Zwangsligaturen und müssen immer gesetzt werden. ch und ck (auch sch) stehen ohnehin nie an Wortfugen. Die Ligaturen aus Doppelkonsonanten (ll, tt) sind gern gesehen. Darüber hinaus werden beim Satz mit gebrochenen Schriften die Ligaturen in Kombination mit dem langen Minuskel-ſ notwendig: ſſ, ſt, ſl, ſi etc. Ligaturen aus ſl und ſk sind (waren) z.B. im skandinavischen Sprachraum häufig, sind aber für den Satz deutscher Texte mit gebrochenen Buchstaben irrelevant.
Müssen Buchstabenpaare manuell (Suchen & Ersetzen) mit Ligaturen ersetzt werden, hilft eine Ersetzungstabelle.
Die deutsche Sprache ist die einzige im lateinischen Sprachraum, bei der es hinsichtlich des Einsatzes von Ligaturen Beschränkungen gibt. In allen anderen lateinischen Sprachen werden Ligaturen, wo vorhanden und möglich, rigoros eingesetzt. Gleichwohl gibt es im Englischen auch Wörter, die einfach besser aussehen, wenn die Ligatur aufgelöst wurde (z.B. offline); Wortzusammensetzungen sind dennoch im Englischen viel seltener, denn meist entspricht ein Wort auch einem Morphem.
Laut gängiger Konvention dürfen Ligaturen in deutschsprachigen Texten nicht an Wortfugen eingesetzt werden, also etwa nicht die Ligatur f-h im Wort »Kaufhaus«. Diese Regelung bringt einige Nachteile mit sich:
Wenn diese Lücken zu auffällig sind, verzichte ich auch gelegentlich auf die Anwendung dieser Regel. In manchen Wörtern kann eine Ligaturen-Unterdrückung allerdings tatsächlich Klarheit schaffen, welcher Wortbestandteil wohin gehört. Das gilt v.a. für die tz-Ligatur: Steht diese an Wortfugen, bleibt das Auge hängen. Falls sie als Ligatur zur Verfügung steht und eingesetzt werden soll, bedarf ihre Bearbeitung besondere Aufmerksamkeit.
Position, Gebrauch und Wirksamkeit von Ligaturen hängen also von der Sprache ab!
Mit TeX läßt sich diese Problematik angehen, indem Abschnitte eines mehrsprachigen Dokuments mit einer bestimmten Sprache deklariert werden. Fortan wird in diesen Abschnitten eine der Sprache eigene Worttrennung und Umgang mit Ligaturen angewendet, beispielsweise fb-Ligaturen in englischen Abschnitten, keine fb-Ligaturen in deutschen Abschnitten.
Die Eingabe eines sog. »weichen Trennzeichens« löst eine Ligatur auf. Es wird zwischen die zu trennenden Buchstaben eingegeben durch Strg + Bindestrich.
Anmerkung: Wird das Dokument nachträglich auf typographische Fehler untersucht (beispielsweise mit der LibreOffice-Erweiterung PepitoCleaner), werden alle weichen Trennzeichen als Warnung angemerkt (»remove optional hyphens«). Das ist dann natürlich zu ignorieren oder die entsprechende Warnung abzustellen.
Der bekannte Befehl zum Auflösen (Unterdrücken) einer automatisch gesetzten Ligatur lautet \/ = Backslash + Schrägstrich. Er wird zwischen die Buchstaben gesetzt, beispielsweise Kauf\/haus. Allerdings dient das Kommando eigentlich der sog. Kursivkorrektur (siehe hier) und kann bei einigen Schriften zu unharmonischen Buchstabenabständen führen, die das Wort gänzlich zerreißen. Besser (und richtiger) wäre das Kommando \kern0pt, beispielsweise: »auf\kern0pt laden«. Das ist natürlich umständlich.
In deutschen Texten sollte stattdessen das Kommando "| (Kauf"|haus) benutzt werden, denn es löst nicht nur die Ligatur auf, sondern zeigt gleichzeitig eine mögliche Trennstelle für den Wortumbruch am Zeilenende an.
Für Nutzer von LuaTeX bietet sich das Paket »selnolig« an, dank einer integrierten Whitelist alle Ligaturen an bekannten Morphem-Grenzen selbständig auflöst.
Die Anwendung oder Unterdrückung von Ligaturen kann bei der Arbeit mit dem Text folgende Nebenwirkungen haben:
Mit nachstehender Auflistung kann man gezielt f-Ligaturen suchen, um sie, im Falle deutscher Texte, an Wortfugen manuell aufzulösen. Der Aufwand für diese Nachbearbeitung ist dabei unterschiedlich: Beispielsweise stehen die Ligaturen fh oder fb im Deutschen ausschließlich an Wortfugen und können daher immer aufgelöst werden. Andere Ligaturen wie fi sind dagegen fast nie an Wortfugen vertreten und entsprechend schwieriger zu finden; sonderbare Wortkombination wie »Schilf|insel« sind selten.
Die nachfolgende Auflistung von Such-Strings ist sehr unvollständig, vereint aber die häufigsten f-Ligaturen. Insbesondere die deutsche Sprache ermöglicht eine Vielzahl von freien Wort- und Silbenkombinationen, bei denen das f an der Wortfuge steht. Eine sehr erschöpfende Liste stellt die deutsche Wortliste des Selnolig-Pakets bereit. Wer das manuelle Unterdrücken von Ligaturen scheut, kann natürlich auch einfach das Selnolig-Paket einbinden und die Ligatur wird automatisch aufgelöst.
Ligatur | String zum Suchen | Beispiele |
fl | aufl | aufladen, Auflage, auflösen |
fl | flos | hilflos, kampflos, schlaflos |
fl | flich | verwerflich, begreiflich, brieflich |
fl | flisch | teuflisch |
fl | fling | Fünfling |
fl | flung | Verzweiflung |
fl | tiefl | tiefliegend, Tieflader |
fl | hofl | Hofladen |
fl | fler | Freiberufler, Schnüffler |
fl | kaufl | Kauflaune |
ff | auff | auffahren, auffassen, auffällig, darauffolgend |
ff | tieff | tiefführend |
ff | ruff | Anruffunktion |
ff | ffest | grifffest |
ft | auft | Auftrag, auftischen |
ft | ftat | Straftat |
ft | beschäft | beschäftigen, Beschäftigung |
fb | aufb | Aufbereitung, aufbringen, Aufbegehren |
fb | fbar | greifbar, strafbar |
fb | fb* | Dorfbewohner, Laufbahn |
fk | fk* | scharfkantig, Senfkörner, Kopfkissen |
fh | fh* | Kaufhaus, aufhalten, daraufhin, krampfhaft |
* im Deutschen immer an Wortfugen → können also direkt gesucht und aufgelöst werden