Neues aus der Rubrik »der alltägliche Kampf gegen unfreie Software«. Normalerweise verzichte ich darauf, jemanden anzuschwärzen, aber diesmal werde ich mich bewußt nicht zurückhalten: Als Tagungsteilnehmer wurde ich respektlos behandelt und schlicht verarscht.
Vor einiger Zeit war ich auf einer geologischen Tagung und hatte meinen Vortrag (selbstverständlich) mit der beamer-Klasse aus LaTeX vorbereitet. Einbettung meiner bevorzugten Schriftart und hochauflösender Vektor-Grafiken, besondere Navigationsfeatures und vor allem der typisch ästhetische LaTeX-Style waren für mich die Vorzüge gegenüber den immer gleich aussehenden PowerPoint-Folien. Da im Hinweistext für Vortragende jedoch stand, daß nur PowerPoint-Dateien akzeptiert werden würden, bastelte ich parallel mit LibreOffice eine ähnlich aufgebaute, aber ungleich langweiligere und wenig vorteilhafte Präsentation, die ich am Ende ins MS PowerPoint-Format konvertierte: Sie enthielt JPEG-Bilddateien statt der Vektorgrafiken, eine zum Einschlafen aussehende Arial-Schriftart (denn auf die Einbettung exotischer Schriftarten ins PowerPoint-Format war noch nie Verlaß!), einen trockenen Style ohne Individualität sowie doppelte Dateigröße. Auf meinen USB-Stick brachte ich also das PDF aus der LaTeX-Kompilierung sowie das PPT für den Notfall mit.
Vor Beginn des Vortragsblocks brachte ich meinen USB-Stick zu den zwei Session-Leitern und der armen Studentin, die man am Computer abgestellt hatte, um »das Technische« zu übernehmen:
»Das PDF bitte«, sagte ich der Studentin, die den Inhalt meines angesteckten USB-Sticks inzwischen im Windows-Explorer angezeigt hatte. Das ginge nicht, sagte man mir, wäre gänzlich unmöglich.
»Bitte um Entschuldigung, aber sowohl die fünf Vorträge von heute vormittag in den anderen Räumen, als auch der allererste hier an diesem Computer waren ausnahmslos PDFs!«
Das könne nicht sein, bestätigte man mir meine Dummheit und Träumerei endgültig. PDFs wiederzugeben widerspräche außerdem der Anweisung des Chefs, sagte man mir abschließend. Also mußte das Notfall-Modell »ppt« ran, wie befürchtet mit verschobenen Seitenzahlen und einem unattraktiven Stil.
Obwohl ich schon zu dieser Zeit wußte, verarscht worden zu sein, kam der Beweis bei einem anderen Vortrag einige Stunden später im gleichen Raum: Spätestens nach der zweiten Folie hatte der Vortrag meine gänzliche Aufmerksamkeit und Bewunderung, waren doch der perfekte Text- und Formelsatz, Navigationsleiste, Info-Blöcke und rundum ästhetisches Aussehen unverkennbar. Sogar Videos waren eingebettet; insgesamt eine Augenweide, der schönste Vortrag der ganzen Tagung und einer der stimmigsten Vorträge, die ich je gesehen habe – LaTeX sei Dank! Natürlich war dieser Vortrag als PDF abgespielt worden, was wohl nun plötzlich doch ging.
Nach der Session sprach ich die Vortragende an, lobte die Ästhetik ihres Vortrags und erzählte ihr, daß ich um meinen eigenen Vortrag gebracht worden war. Viele halten ja nur die zu zeigenden Abbildungen für wesentlich. Ich dagegen halte eine ästhetische Schrift/Präsentation für ebenso wichtig in der Wissenschaft.
Von der Tagung selbst und ihren Veranstaltern finde ich es enttäuschend und peinlich, daß PowerPoint trotz seiner offensichtlichen Nachteile der Vorzug gegeben wurde. Außerdem finde ich es unhaltbar, gerade mir durch eine freizügige Lüge ins Gesicht weismachen zu wollen, ein simples PDF ließe sich nicht anzeigen! Ich verlange von keinem eingefahrenen Dozenten, seine Präsentation zukünftig nur noch mit LaTeX zu programmieren! Aber ist es wirklich zu viel verlangt, ein PDF wiederzugeben?
Ich mag zwar in manchen Ansichten zur freien Software manchmal etwas zu radikal sein, aber immerhin verstehe ich was von professionellen Präsentationen. Diese, meine, Probleme mögen nicht die größten der Welt sein. Aber sie sind auf einfachste Weise und kostenfrei zu beheben. Und so fängt es schließlich an.