Gnumeric ist eine kaum bekannte freie Tabellenkalkulation, die ursprünglich Teil des Gnome-Office-Pakets war, nun
aber auch für alle gängigen Plattformen portiert wurde. Das Programm selbst, derzeit in Version 1.12.2 vorliegend, ist durch sein langes Entwicklungsalter von fast 13 Jahren weitgehend Bug-frei,
arbeitet stabil und ist auf hohe Genauigkeit ausgelegt. Wer die Oberfläche vor sich sieht, wird zunächst kaum einen Unterschied zu anderen großen Tabellenkalkulationen wie LibreOffice Calc oder
M$ Excel feststellen: Tabellenblätter, Formeln eingeben genau wie gewohnt, per Rechtsklick Zellenformate zuweisen, Zellen verbinden, Spalten ausblenden, alles bekannt. Wieso nun also sollte ich
mich mit *noch einer* Tabellenkalkulation vertraut machen?
Folgende Vorteile bietet die Verwendung von Gnumeric:
- Das Programm arbeitet unglaublich ressourcenschonend: Selbst riesige Tabellen werden quasi auf Knopfdruck geladen. Nicht nur deswegen auch interessant für ältere Hardware.
- Das von Gnumeric verwendete Dateiformat .gnumeric ist eigentlich eine komprimierte XML-Datei, die es aber irgendwie schafft, bei gleichem Inhalt noch kompakter zu sein als die komprimierten
.ods-Dateien von LibreOffice Calc (und von M$ Excel sowieso).
- Wichtigstes Feature und deutliches Unterscheidungskriterium zu Calc und Excel ist jedoch die überlegene Funktionalität hinsichtlich statistischer Berechnungsmöglichkeiten und
Diagramm-Darstellung. So gibt die Homepage von Gnumeric stolz an, insgesamt 596 Funktionen berechnen zu können, wovon alleine 204 nur bei Gnumeric vorhanden sind! Die erweiterte statistische
Funktionalität wird durch eine enge Zusammenarbeit mit der freien Statistik-Software »R« gewährleistet. Wie gesagt, ist auch die Auswahl an
Diagrammen und Daten-Visualisierungsmöglichkeiten meiner Meinung nach denen von Calc und Excel überlegen.
- Der Umgang mit Diagramm-Optionen unterscheiden sich von denen in Calc oder Excel: Ein hierarchischer Baum wird verwendet, um z.B. X-/Y-Achse, Diagramm-Hintergrund oder Legende aufzulisten.
Auf diese Weise ist es sehr einfach möglich, neue Optionen hinzuzufügen, z.B. eine Skalenbeschriftung für die Y-Achse in Form eines Unterbaums des Y-Achse-Eintrags. Auch das Hinzufügen z.B. einer
linearen Regressionsgeraden zum Datenplot (in Form eines Untereintrags desselben) ist damit einfach handhabbar.
- Eine erwähnenswerte Sache ist, dass man die Tabellenblattgröße manuell einstellen (reduzieren) kann. So kämpft man nicht mit tausenden Spalten und Millionen Zeilen auf einem Blatt, wo nur 20
Werte eingegeben wurden.
- Export zu LaTeX-Tabellen ist möglich: Kein Rumgefummel im Quellcode mehr – einfach die Tabelle in Gnumeric vorbereiten und den fertigen Code auswerfen.
- Selbstverständlich klappt der Import und Export ins LibreOffice- und Excel-Tabellenformat problemlos.
Ein paar Sachen kann Gnumeric nicht, sehe ich aber im Moment nicht als Nachteil: Der Umgang mit Pivot-Tabellen und Makros ist derzeit nicht verfügbar. Ich selbst brauche beide nur höchst selten
und erfreue mich lieber am raschen und unkomplizierten Erstellen von Diagrammen.
Ich wette, jeder der seine Neugierde auf Gnumeric richtet und es einfach mal testet, wird nicht enttäuscht werden. Vor allem diejenigen, die mit den statistischen Möglichkeiten anderer
Tabellenkalkulationen schnell an ihre Grenzen stoßen.