Im Internet stößt man immer wieder auf "Ratschläge und Tipps", wie ein gutes Tagebuch zu führen sei bzw. wie man mit einem solchen "beginnt". Abgesehen davon, dass ich nicht glauben will, dass man jemandem, der ein Tagebuch zu führen beabsichtigt, empfehlen muss, Stift und Papier in die Hand zu nehmen, will ich an dieser Stelle nun auch meine "Ratschläge" zum Besten geben.
Gleich vorweg ein allgemeiner Tipp: Wem "Tagebuch" zu spießig oder kindisch klingt, der gebrauche das Fachwort, es lautet "Diarium".
Meiner Ansicht nach gibt es drei verschiedene Arten von Tagebüchern:
Dieses Tagebuch enthält, wie der Name schon sagt, private Gedanken und Beobachtungen. Die Einträge erfordern nicht zwingend eine Uhrzeit, aber eine Tageszeit (siehe unten). Auch die Angabe des Ortes der Eintragung ist sinnvoll. Wird das Tagebuch meist an einem Ort geführt (daheim), vermerkt man diesen "Heimatort" in den Tagebuch-Anmerkungen und ergänzt nur dann einen Ort zur Eintragung, wenn er vom Heimatort abweicht.
Keinesfalls sollte man sich zu (täglichen) Eintragungen gezwungen fühlen! Nein, ein Eintrag wird nur dann vorgenommen, wenn Zeit und Lust dazu bestehen; dann darf man auch die Ereignisse und
Gedanken von einigen Tagen wiedergeben. Falls man sich doch zu einem täglichen Eintrag genötigt fühlt, kann man ggf. "keV" (keine erwähnenswerten Vorkommnisse) vermerken, falls nichts Aufregendes
passiert ist.
In einem Traum-Tagebuch notiert man die Erinnerungen an einen Traum. Klar. Ich persönlich vermerke hierfür nur das Datum, und zwar das Datum des folgenden Tages. Ein Traum-Eintrag mit dem Datum 4. April 2005 basiert also auf einem Traum in der Nacht zum 4. April 2005.
Die Eingabe einer exakten Uhr- oder Tageszeit für den betreffenden Eintrag ist nicht relevant. Möglicherweise sollte man aber die Uhrzeit notieren, zu der man aus dem Traum erwachte (Blick auf
den Wecker neben dem Bett). Auch einen Ort (= Schlafort) notiere ich für gewöhnlich nicht, gleichwohl ich darauf hinweise, dass der Schlafort (Heimat-Bett, Ausland, Gefängniszelle, unter freiem
Himmel etc.) sehr wohl Einfluss auf das Erträumte haben kann.
Das Dokumentations-Tagebuch (Forschungstagebuch) wird für Einträge mit wiederkehrendem Abständen benutzt: Dazu gehören beispielsweise
Anders als bei den anderen Tagebuch-Typen ist hier ein Zeit-Stempel (auf die Minute genau reicht) unerlässlich. Ich weise auch auf das sog. Julianische Datum hin, dessen Umgang in manchen Disziplinen (z. B. Astronomie) sinnvoll ist. Das Julianische Datum kombiniert Datum und Tageszeit in einer einzigen dezimalen Zahl.
Auch der Ort sollte immer vermerkt sein, sofern es sich nicht um ein stationär verwendetes Tagebuch handelt (Labor, Forschungsstation, Beobachtungsposten). Selbstverständlich sind statt des
Ortsnamens auch geografische Koordinaten denkbar.
Eine meist sinnvolle Ergänzung zum Datum des Eintrags ist die Angabe der Tageszeit. Die einfache Variante kann in Form von "1. Tageshälfte" und "2. Tageshälfte" ausgedrückt werden. Genauer kann man gebrauchen:
Jeder Eintrag sollte einer Kategorie zugewiesen werden. Hier gilt zu unterscheiden, ob man eine Datenbank/Kartei (siehe unten) oder ein fortlaufendes Tagebuch führt.
In einem fortlaufenden Tagebuch könnte man jedem Eintrag eine eindeutige Zeichenfolge voranstellen (oder nachstellen), beispielsweise ***, //, #%#. Jedes dieser "tags" bedeutet dabei etwas anderes, z. B. "Familie", "Arbeit", "Forschung" etc.
In einer Datenbank arbeite ich lieber mit einem einzigen Buchstaben (a = Arbeit, f = Familie), der in einem separaten "Kategorien"-Feld hinterlegt wird. Gehört der Eintrag zu mehreren Kategorien,
werden diese ohne Leerzeichen aufgeführt: "bgf". Bei SQL-basierten Abfragen könnte die Suche nach einer bestimmten Kategorie ("f") so aussehen: LIKE '*f*' Anschließend erhalte
ich alle Einträge, in denen im Kategorie-Feld ein "f" enthalten ist.
Man sehe davon ab, für jeden Eintrag eine konkrete Überschrift zu finden, wie das auf manchen Webseiten empfohlen wird. Ich wüsste jedenfalls keine Überschrift für meine täglichen Eintragungen
von belanglosem Zeug. Vielleicht gilt das nicht für einzelne Ereignisse ("die Geburt meines Kindes", "die Hochzeit eines Freundes", "der Urlaub in den Bergen 2017" etc.).
Alle im Tagebuch genannten Personen sollten mit einem Pseudonym codiert werden (ggf. auch Ortsnamen). Das gewährt Anonymität bei einer evtl. unerwünschten Veröffentlichung/Einsicht durch Dritte, und sichert, dass niemand Genanntes aus dem Freundes-/Familienkreis in Verlegenheit gebracht wird. Ich persönlich nutze hierfür eine Liste altgermanischer Vornamen, und jede Person erhält einen einzigartigen davon.
Die Verwendung eines Pseudonyms vermeidet außerdem, dass man ständig geläufige Vornamen mit einem Nachnamen versehen muss, um sie eindeutig zu halten: Gibt es beispielsweise zweimal einen Robert in seinem Freundeskreis, schreibt man nicht "Robert K." und "Robert M.", sondern "Germar" und "Bernwalt".
Der Text sollte nie (auch nicht nachträglich) zensiert werden; das Tagebuch schreibt man für sich selbst, und man sollte nicht in der Erwartung notieren, dass irgendjemand sonst die Einträge
liest. Daher gebrauche man das gesamte Repertoire an Schimpfwörtern, schmutzigen Gedanken und Tabu-Themen, so wie der eigene Geist denkt und tickt.
Ob man nun in ausformulierten (möglicherweise künstlich klingenden) Sätzen schreibt, oder in Stichpunkten (Telegramm-Stil), bleibt jedem selbst überlassen. Manchmal ist es eine Zeitfrage. Um
tägliche Themen zu dokumentieren, ist man mit Stichpunkten freilich schneller, weiß später aber ggf. nicht mehr, was dahinter steht. Ausführliche Sätze verleiten dagegen zu einer Anhäufung von
unnützen Füllwörtern (die es in jeder Sprache zu vermeiden gilt!).
Bei der Verwendung von handbeschriebenen Karteikarten (siehe unten) ist die Länge des Eintrags auf eine Karte begrenzt. Das muss aber nicht unbedingt als Nachteil hingenommen werden: Ähnlich wie
bei Kurzmitteilungen (SMS) muss man sich dann nämlich in seinen Gedanken beschränken, sodass anstelle von Schwafelei nur die eigentliche Information notiert wird.
Nicht selten notiert man mehrere separate Einträge an einem einzigen Tag. Wird eine konkrete Uhrzeit mitgeschrieben, ist das spätere Sortieren kein Problem: Einträge mit demselben Datum werden
dann nach Uhrzeit geordnet. Andernfalls (z. B. Traum-Tagebuch) stellt man eine Ziffer voran ("1" für den ersten Eintrag, "2" für den nächsten usw.). In einem fortlaufenden Tagebuch
(handbeschriebenes Buch) ist die Reihenfolge unzweideutig.
Mehrere Einträge an einem Tag sollten als einzelne Einträge behandelt werden, denn oftmals stehen spätere Einträge in einem weiterentwickelten Bezug zu einem vorherigen. Stehen beide Gedanken
(Vorhaben und Ergebnis) im selben Eintrag, wird dies vielleicht nicht mehr deutlich. Um die Wiederholung des Datums zu vermeiden, nutze ich gerne das Wort "Ebenheute", z. B.:
Ob man nun sein Tagebuch auf Papier führt oder mit dem Computer (digital) – beides hat seine Vor- und Nachteile. Ich hänge beiden Methoden an und zuweilen verleiten mich die Vorzüge der einen Methode dazu, vollständig auf die andere zu wechseln. Und umgekehrt.
Unabhängigkeit von einem Gerät zum Aufzeichnen (Smartphone?, Laptop, PC), unabhängig von Elektrizität/Batteriestand. Ein Tagebuch kann vom Tisch fallen oder nass werden, ohne dass es beschädigt
wird.
Das Tagebuch kann nicht so leicht verlorengehen oder fremdgelesen werden; man benötigt ja den physisch vorliegenden Gegenstand, um ihn einsehen zu können. Wer dessen fähig ist, kann eine Art
Geheimschrift oder Stenografie verwenden. Beides lässt sich am Computer nicht umsetzen.
Das Papier-Tagebuch wird dasjenige sein, das in 50 oder 100 Jahren noch lesbar ist; ein rein digital gespeichertes Tagebuch ist es mit Sicherheit nicht; man sollte sich also bewusst machen, dass
man mit der digitalen Variante nichts Dauerhaftes schafft!
Das "klassische" Tagebuch hat ein Format von A6 oder A5, nicht größer. Denn A4 nimmt auf dem Schreibtisch, v. a. aufgeschlagen, zu viel Raum ein und ist auch unpraktischer auf Reisen. Eine
Ausnahme stellt eventuell ein "stationäres Tagebuch", z. B. ein Labor-Tagebuch, dar. Die Größen A6, A5 und A4 haben den Vorzug, dass sie zur Sicherung auf einem handelsüblichen
A4-Flachbettscanner gescannt werden können.
Bücher mit einem steifen Einband versprechen zwar mehr Schutz für die Seiten, sind aber auch mühseliger zu handhaben, wenn man sie flach auf den Tisch aufschlagen will: insbesondere die ersten
und die letzten Seiten sind durch die Wulst des Einbandes schwerer zu beschreiben. Stattdessen ziehe ich Hefte ohne steifen Einband (also Softcover) vor. Die Bindung sollte gut geklebt sein
(ideal, aber auch teuer, ist eine genähte Bindung). Von einer Ringbindung rate ich ab, denn die ist beim Schreiben irgendwie immer im Weg.
Zur Linienführung der Handschrift gebrauche man liniertes (für eine mittelgroße Handschrift) oder kariertes Papier (für eine kleine Handschrift). Kann man weitgehend gerade schreiben und setzt
viele Skizzen/Zeichnungen hinzu, ist unliniertes Papier besser. Ich persönlich nutze kariertes Papier und schreibe pro Kästchen-Reihe meine Buchstaben (kleine Handschrift). In letzter Zeit sehe
ich auch interessiert auf sog. gepunktetes Papier, d. h. Papier ohne durchgezogene Linien, sondern mit einem Punktgitter, an dem man seine Zeilenführung orientieren kann. Das hat den Vorzug, dass
weniger vorgedruckte Linien das Lesen stören.
Vor dem Schreiben einer Seite sollten Ränder gezogen werden: am Außenrand und am Innensteg wenigstens 1 cm (= 2 Kästchen bei karierten Papier); sie können mit einer dünnen Bleistift-Linie
vorgegeben werden. Auch von oben und unten sollte wenigstens 1 cm Raum gelassen werden, ehe man seinen Text aufbringt. Grund ist, dass die üblicherweise besonders beanspruchten und zu
Beschädigung neigenden Ränder nicht beschrieben werden. So kann später auch kein Text verloren gehen/beschmutzt werden oder abreißen.
In den Einband (nicht gleich auf die erste, am besten auf die zweite Seite) gehören Name und Adresse, falls das Tagebuch mal doch abhandenkommt. Die Angabe eines Finderlohns könnte motivieren,
das Tagebuch überhaupt zurückzuschicken. Ich empfehle alle diese Angaben in der internationalen Sprache Englisch.
Generell sollte man sich um eine gut lesbare Handschrift bemühen, nicht um anderer Leser willen, sondern damit man selbst nach Jahren noch versteht, was man geschrieben hat!
Selbstverständlich sollte auch ein handgeschriebenes Tagebuch regelmäßig gesichert werden: Die einfachste Methode ist der Scan jeder Seite auf einem Flachbett-Scanner. Die Bilddateien können dann
auf eine Festplatte oder CD kopiert und woanders aufbewahrt werden. Sinnvoll ist, jede Seite zuvor zu nummerieren, in jedem Tagebuch von vorne, z. B.: "Diarium 2, Seite 6a" (die vordere, rechte
Seite eines Heftes ist bei mir immer "a", die Rückseite immer "b"). Bereits gescannte Seiten markiere ich mit einem kleinen Stempel in der Seitenecke.
Ein Tagebuch kann auch im Karteikarten-Format, d. h. nicht als fortlaufend geführter Text, angelegt werden. Jeder Eintrag (Tageseintrag) wird dann auf einer separaten Karteikarte
hinterlegt.
Die für Tagebücher am besten geeigneten Größen sind A6 und A7. Es ist die jeweils linierte Variante empfehlenswert. Im Kopf stehen Datum und Uhrzeit, Vorder- und Rückseite sind für den Inhalt
vorgesehen. Eine Kategorisierung könnte durch unterschiedliche Farben des Karteikarten-Kartons bewirkt werden (Privates auf rosa Karton, Träume auf grün etc.).
Wie bei einer Datenbank können die Kärtchen leicht kategorisiert und neu sortiert werden, denn jeder Eintrag liegt einzeln vor.
Weiterhin vorteilhaft ist, dass man auf Reisen nicht immer sein komplettes Tagebuch mitführen muss, sondern nur einen Stoß leerer Karteikarten (Ersatz im Ausland schwierig? Notfalls jedes
zurechtgeschnittene Papier!), die dann unterwegs beschriftet und erst daheim im System einsortiert werden.
Der große Nachteil bei dieser Methode ist, dass alle Karteikarten "zerstreubar" sind, d. h. ein Windstoß reicht – und alles ist verteilt. Auch unterwegs kann der Zusammenhalt leicht verloren
gehen, wenn man seinen "Karten-Stoß" nicht mit einem Gummiband zusammenhält. Sollte einem wirklich einmal der Sammel-Karton herunterfallen und sich die Karten verstreuen, besteht kaum eine
Möglichkeit herauszufinden, welche Einträge abhandengekommen sind (außer sie wurden vorher nummeriert!). Alles in allem also ein "loses System gegenüber einem gebundenen Buch oder Heft.
Versucht habe ich die verschiedensten Materialien (siehe hier); letztendlich ist der Bleistift das beste Schreibmittel, das man finden wird:
Vornweg: zu Tagebuch-Blogs im Internet kann ich nichts sagen, so etwas nutze ich nicht.
Für das digitale Tagebuch sei Folgendes bemerkt:
Für eine Datenbank gilt all das, was generell gegen die digitale Aufzeichnung spricht, allem voran die Abhängigkeit von Elektrizität und Hardware. Dazu kommt, dass sich die Dateiformate über die Jahre ändern können, sodass man seine Datenbank ggf. konvertieren muss, um sie lesbar zu halten (für ein handschriftliches Tagebuch muss man nur lesen können!). Bei einem Datenbank-Format kommt dazu, dass die Dateistruktur generell leichter zu "Beschädigung" neigt als ein reines Textformat. Außerdem sind Datenbanken eigentlich nicht zur Speicherung großer Textmengen gedacht (sondern für atomar aufgegliederte Daten im tabellarischen Zusammenhang), obwohl Datenbanken dafür extra Feldtypen vorhalten ("Memo"). Von Formatierungen (Kursivierung, Absatzvorlagen, selbst Wortumbrüche und dergleichen) muss man absehen. Hierfür gebrauche man beispielsweise die Markdown-Formatierung, also etwa *Wort* für ein kursiv geschriebenes Wort.
Mit einer Datenbank kann man Formulare einrichten, sodass man alle Angaben eines Eintrags stets auf einem Blick hat (Datum, Uhrzeit, Ort, Kategorie usw.). Es lässt sich vorgeben, dass ein Eintrag
nur dann als vollständig gilt, wenn jedes der Felder eines Datensatzes ausgefüllt wurde. Es können Kriterien und Grenzwerte für die Eingabe festgelegt werden.
Wie für Datenbanken typisch, können Abfragen definiert werden, sodass man beispielsweise mit einem Klick alle Einträge einer bestimmten Kategorie exportiert.