Dieser Beitrag wurde durch eine unerwartete und bis dahin unbekannte Beobachtung ausgelöst: Wie ich meinen LaTeX-Quellcode neulich mit dem KDE-LaTeX-Editor Kile öffnete, wurde mir eine Warnung ausgegeben, daß manche der Zeilen »zu viele« Zeichen pro Zeile enthielten, nämlich mehr als 1024. Ein automatischer Umbruch wäre die Folge. Nun gut, dachte ich mir, mal sehen, was passiert.
Wie ich wußte, ist es ja prinzipiell egal, ob innerhalb eines Absatzes mit LaTeX verfaßten Quellcodes eine neue Zeile beginnt. Würden die beiden Zeilen eines Absatzes aufeinanderfolgen, würden diese beim Kompilieren sowieso neu zusammengesetzt. (Ließe man jedoch eine leere Zeile dazwischen frei, entspräche dies einem neuen Absatz mit eventuell erscheinenden Einrückungen am Zeilenanfang nach dem Kompilieren.)
Kile jedoch brach meinen Quellcode strikt nach 1024 Zeichen um – leider auch mitten im Wort. Das sieht natürlich nicht nur unschön aus, sondern verwirrt auch die automatische Rechtschreibprüfung, z.B. die vom Editor TeXMaker.
Natürlich hätte ich Kile dieses seltsame Vorgehen für andere geöffnete Dokumente austreiben können, indem ich im Öffnen/Speichern-Menü die Begrenzung der Zeilenlänge auf »0« setze. Allerdings veranlaßte mich diese Voreinstellung zu weiteren Nachforschungen; schließlich hatten sich die Entwickler etwas dabei gedacht.
Wie ich herausfand, gibt es wohl mehrere inoffizielle Konventionen für Quellcode-Programmierung, die eine begrenzte Anzahl von Zeichen pro Zeile vorschreiben. Dies soll die Übersichtlichkeit wahren. Quellcode für Software enthält ja ohnehin nur wenige Dutzend Zeichen pro Zeile.
Bei LaTeX ist das natürlich anders: Ähnlich wie in einer Textverarbeitung vergißt man manchmal, daß man im Quellcode und damit »zeilenweise« arbeitet, sondern schreibt, wenn nötig, ewig lange Absätze zusammen in »eine Zeile«. Im Editor wird dieser lange Eingabetext dann umgebrochen, sodaß er wie ein Absatz aussieht.
Wie ich schon sagte, ist es beim Kompilieren des Quellcodes dem LaTeX-System egal, ob jeder Satz einzeln in einer extra Zeile steht, oder fünfzehn Sätze in einer einzigen Zeile. Verteilt man jedoch tatsächlich jeden Satz auf eine neue Zeile (zur Trennung zweier Absätze wird dagegen eine volle Zeile freigelassen!), ergeben sich folgende Vorteile:
Allerdings könnte ich mir auch einige Schwierigkeiten vorstellen, sollte man jeden Satz in eine eigene Zeile schreiben:
Für wen die Vorteile gewichtiger wirken, findet mit dem Editor Kile eine hilfreiche Unterstützung, bei der der sog. »statische Zeilenumbruch« aktiviert werden kann. Hier stellt man ein, nach wie vielen Zeichen (Standard = 80) der Umbruch erfolgen soll, und kann fortan ganz unbekümmert seinen Text tippen. Nach 80 Zeichen wird der Text automatisch umgebrochen und der Cursor auf eine neue Zeile gesetzt.